Teil 4: Agiles Projektmanagement – Kanban

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Teil 4: So funktioniert Kanban

Im dritten Teil der RFC Blogreihe zum agilen Projektmanagement haben wir uns mit der wohl bekanntesten agilen Methode dem sog. Scrum beschäftigt. Vorgestellt wurden die Vorgehensweise von Scrum und die wesentlichen Unterschiede zum klassischen Vorgehen nach dem Wasserfallmodell. Im vierten Teil unserer Blogreihe geht es nun darum, wann und vor allem wie Kanban angewendet wird. Wie funktioniert Kanban? Diese Frage wollen wir in diesem Blog beantworten.

Definition

Das Wort „Kanban“ stammt aus dem Japanischen und heißt übersetzt eigentlich nichts Anderes als Signalkarte. Das Kanban-Prinzip wurde ursprünglich in den 1950er Jahren vom japanischen Autohersteller Toyota als Methode zur Steuerung von Produktionsprozessen entwickelt. Ziel war es, die Fertigung wesentlich flexibler und effizienter zu steuern, um die Produktivität zu steigern und gleichzeitig die kostenintensiven Lagerbestände zu reduzieren und damit gegenüber der Konkurrenz im Vorteil zu sein.

Die Vorgehensweise

Der bestehende Prozess wird in vielen kleinen Schritten bzw. Änderungen – anstatt einer großen Anpassung – verbessert. Dadurch wird das Risiko für jede einzelne Maßnahme reduziert und führt i.d.R. zu weniger Widerständen bei den Beteiligten sowie einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Im Mittelpunkt von Kanban steht der Arbeitsfluss mit dem Hauptziel, unproduktives Multitasking – den häufigen Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben – zu reduzieren. Die einzelnen Arbeitsschritte sollen möglichst gleichmäßig ohne lange Wartezeiten oder Blockaden durch den Prozess „fließen“.

Die Methode

Die Kanban-Methode besteht aus 5 vergleichsweise einfachen Prinzipien:

  • Visualisierung des Arbeitsflusses

Zentrales Element ist ein Kanban-Board

  • Limitierung der laufenden Arbeiten (WIP-Limit: Work in Progress Limit)

Anzahl offener Arbeitspakete pro Prozessschritt begrenzen, um Engpässe transparent zu machen

  • Steuerung des Arbeitsflusses und Messung von Kennzahlen

Einführung des Pull-Prinzips und z.B. Erfassung der Durchlaufzeiten zur Durchsatzoptimierung

  • Formulierung expliziter Prozessregeln für alle Beteiligten

Objektive Basis, die definiert, unter welchen Rahmenbedingungen gearbeitet wird

  • Kontinuierliche Verbesserungen durch kleine Anpassungen des Prozesses (KVP)

Auswertung von Kennzahlen, z.B. Gründe für aufgetretene Engpässe identifizieren und beheben

Zusammengefasst bedeutet dies im Einzelnen:

Bei der Einführung von Kanban wird zunächst der bestehende Workflow der Arbeit visualisiert. Dies geschieht in Form eines Kanban-Boards, das z.B. aus einem einfachen Whiteboard und Haftnotizen oder Karteikarten besteht. Dabei repräsentiert jede Karte am Board genau eine Aufgabe. Diese einfache Maßnahme führt zu einer hohen Transparenz über die Arbeitsverteilung und bestehende Engpässe. Als nächstes wird die Anzahl an parallelen Aufgaben begrenzt, so dass das Multitasking reduziert wird und jede einzelne Aufgabe schneller erledigt werden kann als vorher. Eine Art der Aufgabenlimitierung ist es, pro Spalte eine Maximalanzahl von Aufgaben festzulegen. Dadurch werden Probleme schneller angegangen, anstatt sie erst später zu lösen. Aufgaben werden nicht mehr zugewiesen, sondern eigenverantwortlich von den Teammitgliedern „gezogen“, sobald im System die nötigen Kapazitäten frei sind (Pull-Prinzip). Nicht Auslastung ist die entscheidende Größe, sondern der Durchsatz, also die Fertigstellung möglichst vieler Aufgaben mit hoher Qualität, die einen Wert für den Kunden bedeuten. Mit der Formulierung von expliziten Prozessregeln wird eine gemeinsame Arbeitsbasis für das Team geschaffen. Die kontinuierliche Verbesserung (auch Kaizen genannt) erfolgt durch Auswertung von erfassten Kennzahlen und mittels regelmäßig durchgeführten Feedback-Meetings (Retrospektiven), in denen das Team den aktuellen Arbeitsprozess reflektiert, Problemen auf den Grund geht und Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert.



Abbildung 1: Beispielhafte Darstellung für ein KANBAN Board

 

Die Vorteile von Kanban sind:

  • hohe Transparenz bzgl. Arbeitsfortschritt und akuter Probleme
  • Koordinationsaufwand wird reduziert und Abarbeitungsgeschwindigkeit steigt bzw. Durchlaufzeit sinkt
  • Kombination mit klassischen als auch agilen Projektmanagementmethoden möglich
  • autonomeres Arbeiten erhöht die Arbeitsmotivation (Pull-Prinzip)
  • Einsatz sowohl in der Entwicklung als auch der Wartung
  • Einführung führt zu wenig Widerstand

Die Nachteile von Kanban liegen zusammengefasst hierin:

  • überlappende Kompetenzen der Teammitglieder sind erforderlich, damit keine Engpässe entstehen
  • Arbeitspakete lassen sich oft nicht in klar voneinander abgrenzbare Arbeitsschritte gliedern
  • Projektarbeiten mit festen Terminen sind nur schwer planbar

In der nachfolgenden Tabelle erfolgt eine Gegenüberstellung der beiden agilen Methoden Scrum und Kanban:

 SCRUMKANBAN
Objekt(e)ProduktAufgaben
SteuerungSprintsKontinuierlicher Fluss
VorgehenIterationen sind vorgeschriebenIterationen sind optional
RegelwergFeste überschaubare RegelnSehr wenige Regeln
ElementeStoriesAufgaben
PriorisierungVorgeschriebenOptional
BoardNeu aufgesetzt zum SprintbeginnKontinuierliche Pflege
RollenFeste RollenKennt keine festen Rollen
KontextProjektmanagementAufgabenmanagement
Verbesserung vonProjektergebnis / ProduktProzesse
AnwendungEntwicklungsprojekte, kleine TeamsPersönlich, Teams, Projekte

 

Abbildung 2: Tabelle – SCRUM vs. KANBAN

 

Die Gemeinsamkeiten mit Scrum sind folglich:

  • Agil
  • Team erhält mehr Verantwortung (Pull-Prinzip)
  • Begrenzung der Aufgaben
  • Transparenz
  • Inkrementelles Vorgehen
  • Regelmäßige Analyse zur Optimierung der Abläufe bzw. Zusammenarbeit

Fazit:

Kanban ist eine effektive und einfache Methode, um das Aufgabenmanagement in Projekten zu verbessern. Es bringt nicht nur mehr Transparenz in die Arbeitsprozesse, sondern fördert auch die Motivation der Mitarbeiter, die nun eine größere Flexibilität und mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben. Da das Kanban System wenige feste Regeln kennt, ist es einerseits gut für den Einstieg in die agile Arbeitsweise geeignet, stellt aber andererseits auch Anforderungen an die Selbstorganisation von Teams. Um „Kanban“ möglichst reibungslos in bestehende Workflows zu integrieren und auch standortübergreifende Teamarbeit zu ermöglichen, kann der Einsatz von professioneller Software (Open-Source-Lösungen wie z.B. Redmine oder proprietäre Software wie z.B. JIRA Agile, Trello oder Kanban Tool) ggf. sehr hilfreich sein.

Ausblick:

Im fünften Teil der RFC Blogreihe zum agilen Projektmanagement werden weitere anerkannte agile Methoden vorgestellt. Dabei soll es insbesondere um eXtreme Programming (XP), Feature Driven Development (FDD) und Agile Unified Process (AgileUP) gehen.

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