Konsultation zu EBA-Leitlinien zum Management von ESG-Risiken gestartet

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Regulatorischer Rahmen

Am 18.01.2024 hat die EBA einen Entwurf von Leitlinien zum Management von ESG-Risiken zur Konsultation gestellt. Nach einem dreimonatigen Konsultationsprozess strebt die EBA eine Finalisierung bis Ende 2024 an. Das Inkrafttreten erfolgt synchron zur CRD VI. Zu beachten ist, dass die szenariobasierte Risikoermittlung in einer separaten, noch nicht veröffentlichten Guideline behandelt wird.

Das Thema ESG ist bekanntlich im regulatorischen Fokus, was sich bspw. auch im EBA Working-Programme 2024 widerspiegelt. Unser letztes Update zu ESG-Risiken behandelte den EBA-Report 2023/34, welcher die Erweiterung von Säule-1 Ansätzen thematisiert. Es ist neben den nun zusätzlich angekündigten Leitlinien zur szenariobasierten Risikoermittlung von einer hohen regulatorischen Dynamik auszugehen.

Dem Proportionalitätsprinzip wird auch im aktuellen Entwurf Rechnung getragen; explizit in Kapitel 3.4. Neben der generellen Betonung des Prinzips finden sich auch direkte Ausnahmen für kleine, nicht komplexe Institute (SNCIs), bspw. in Abs. 38 zum portfoliobasierten Ansatz und in Abs. 72 zu Überwachungskennzahlen.

Aus regulatorischer Sicht ist das Management von ESG-Risiken keine Neuheit, da sich entsprechende Regelungen bereits direkt in verschiedenen aufsichtlichen Dokumenten wiederfinden (bspw. MaRisk AT 4.1 Integration in ICAAP). Des Weiteren kann argumentiert werden, dass ESG-Risiken auch indirekt aufsichtlich abgedeckt sind, da grundsätzlich alle maßgeblichen Risiken bzw. Risikofaktoren zu berücksichtigen sind (bspw. Art. 87a CRD VI, MaRisk AT 2.2 – Integration in Risikoarten).

Die vorliegenden Leitlinien sind folglich im Wesentlichen als Konkretisierung der Anforderungen an das ESG-Risikomanagement zu verstehen und verkleinern die bisherigen Grauzonen.

Inhalt Leitlinien

Wesentliche fachliche Teile des Konsultationspapiers bilden Kapitel 4 (Referenzmethodik Identifikation und Messung von ESG-Risiken) sowie Kapitel 5 (Mindeststandards und Referenzmethodik Management und Monitoring von ESG-Risiken), die im Folgenden näher erläutert werden. Kapitel 6 thematisiert Anforderungen an Transitionspläne, welche von uns in einer separaten Publikation kommentiert werden.  

Kapitel 4: Referenzmethodik Identifikation und Messung von ESG-Risiken

Die Bewertung der Wesentlichkeit stellt den Ausgangpunkt dar. Die folgenden wesentlichen Punkte werden in (Kapitel 4.1) aufgeführt:

  • Eine Bewertung sollte mindestens einmal jährlich durchgeführt werden, bei kleinen und nicht komplexen Instituten (SNCI) alle zwei Jahre oder häufiger, wenn sich das Geschäftsumfeld des Instituts in Bezug auf ESG-Faktoren wesentlich ändert, z. B. bei bedeutenden neuen politischen Maßnahmen oder Änderungen im Geschäftsmodell, im Portfolio oder im Betrieb des Instituts.
  • Es sollten potenzielle Auswirkungen von ESG-Risiken auf alle herkömmlichen finanziellen Risikokategorien berücksichtigt werden. Insbesondere. Kredit-, Markt-, Liquiditäts-, Betriebs-, operationelle-, Geschäftsmodell- und Konzentrationsrisiken.
  • Die ESG-Bewertung sollte konsistent zu anderen Wesentlichkeitsbeurteilungen (bspw. ICAAP) sein und in diese integriert werden.
  • Die internen Verfahren der Institute sollten eine Bewertung der Wesentlichkeit von ESG-Risiken über kurzfristige (d.h. weniger als 3 Jahre), mittelfristige (3 bis 5 Jahre) und langfristige Zeithorizonte, einschließlich eines Zeithorizonts von mindestens 10 Jahren, vorsehen.
  • Die folgenden Faktoren sollten zumindest berücksichtigt sein: Qualitative und quantitative Aspekte, Auswirkung auf die wichtigsten Aktivitäten, Produkte und Dienstleistungen, sektorale Analyse hinsichtlich physischen und transitorischen Risikotreibern.

Im Abschnitt zum Datenmanagement (Kapitel 4.2) werden die Anforderungen an die Erhebung, Aggregation und Analyse von ESG-Risikodaten dargelegt. Darüber hinaus wird erläutert, wie verfügbare ESG-Daten von Gegenparteien, öffentlichen Quellen und Drittanbietern genutzt und wie Datenlücken und Qualitätsprobleme behoben werden können. Detaillierte Datenanforderungen, unterteilt nach E (a) S- und G (b) finden sich in Abs. 23. 

Im Abschnitt zu den Hauptbestandteilen der Referenzmethoden (Kapitel 4.2.3) werden drei Klassen definiert, unter welche Ansätze zur Identifikation und Messung von ESG-Risiken unterteilt sind. Diese sind in folgender Abbildung zusammengefasst.

Abbildung 1: Zeitleiste für die Übergangsbestimmung der Mindesteigenmittelanforderung beim IRBA im Vgl. zum KSA

Kapitel 5: Mindeststandards und Referenzmethodik für das Management und die Überwachung von ESG-Risiken 

In diesem Kapitel wird erläutert, wie Institute ESG-Risiken in ihr reguläres Risikomanagement einbeziehen sollten. Dabei werden Aspekte wie Strategien und Geschäftsmodelle, Risikobereitschaft, interne Kultur und Fähigkeiten, interne Kontrollen, ICAAP und ILAAP sowie Kreditrisiko- und andere Risikorichtlinien und -verfahren behandelt.

Risikomanagement Grundsätze (Kap. 5.1). Institute sollten einen robusten und soliden Ansatz für das kurz-, mittel- und langfristige Management und die Minderung von ESG-Risiken entwickeln, einschließlich eines Zeithorizonts von mindestens zehn Jahren. Die folgenden fünf Instrumente sollten zumindest in Betracht gezogen werden:

  • Intensiverer Austausch mit Geschäftspartnern zur Verbesserung des ESG-Risikoprofils
  • Anpassung von Konditionen
  • Einbettung von ESG-Risiken in globale, regionale und sektorale Risikolimits, Exposure-Limits und Risikoabbau-Strategien
  • Diversifizierung von Kredit- und Anlageportfolios auf der Grundlage ESG-relevanter Kriterien
  • andere Risikomanagementinstrumente, die im Einklang mit der Risikobereitschaft der Institution als angemessen erachtet werden

Qualitative Aspekte (Kap. 5.2, 5.3, 5.4). In den Kapiteln 5.2 und 5.3 werden Mindestanforderungen für die Berücksichtigung von ESG-Faktoren im Rahmen der Strategie und des Risikoappetits festgelegt. In Kapitel 5.4 wird dargelegt, wie die Institute ihre interne Kultur, Fähigkeiten und Kontrollen entwickeln sollten, um ESG-Risiken über die drei Verteidigungslinien hinweg zu identifizieren, zu bewerten, zu mindern und zu überwachen.

ICAAP/ILAAP (Kap. 5.5) Institute sollten die wesentlichen Auswirkungen von ESG-Risiken sowohl in die ökonomische als auch die normative Perspektive ihres ICAAP und ILAAP einbeziehen. Das ICAAP / ILAAP-Framework sollte eine Beschreibung zum Risikoappetit, zu den Schwellenwerten und Limits für ESG-Risiken sowie zum Verfahren zu deren Aktualisierung enthalten.

Kreditrisikorichtlinien/verfahren (Kap 5.6) Wie bereits in der 7.MaRisk Novelle gefordert, sind Prozesse zur Identifizierung, Messung, Steuerung, Minderung und Überwachung von ESG-Risiken zu etablieren. Für Umweltrisiken im Speziellen fordert die EBA die Konzeption und Implementierung von Kennzahlen in Bezug auf die wesentlichen Kundensegmente, Sicherheitenarten und Mitigationsinstrumente.

Richtlinien/Verfahren der weiteren Risikoarten (Kap 5.7) Institute sollten bewerten, wie sich ESG-Risiken auf den Wert ihrer Finanzinstrumente/Portfolios, ihr Liquiditätsrisikoprofil und ihre Puffer, ihre operationellen Risiken und Reputationsrisiken sowie ihre Risikokonzentrationen in ESG-sensitiven Branchen oder Regionen auswirken könnten.

Eine zusammenfassende Betrachtung findet sich in folgender Tabelle.

Monitoring (Kap 5.8) ESG-Risiken sind kontinuierlich auf institutsweiter und Portfolioebene zu überwachen. Zudem ist eine häufige und detaillierte Überwachung von Gegenparteien und Engagements durchführen, insofern diese ESG-Risiken wesentlich ausgesetzt sind. Institute sollten Indikatoren und Schwellenwerte für ESG-Risiken festlegen und über Strategien und Pläne verfügen, um im Falle von Überschreitungen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, einschließlich Anpassungen der Geschäftsstrategie und des Risikomanagements. Das Konsultationspapier stellt in Abs. 72 umfangreiche Anforderungen an ESG-Indikatoren, welche zu überwachen sind. Hierzu zählen:

  • Verluste (historisch & vorausschauend)
  • Sektorkonzentrationen
  • ESG-Portfoliosteuerung (sog. Portfolio-Alignment)
  • Anteil der Kunden mit aktiven ESG-Minderungsmaßnahmen
  • Immobilienkreditportfolio aufgeteilt nach Energieeffizienz

Fazit:

Das Konsultationspapier konkretisiert die aufsichtlichen Erwartungen an das ESG-Risikomanagement und verkleinert, wie in der Einleitung erwähnt, die Grauzonen. Inwieweit sich hieraus Aufwände ergeben, hängt auch maßgeblich vom bisherigen Ambitionsniveau des Instituts ab.

Wir werden in einer zukünftigen Publikation detaillierter auf neue regulatorische Aspekte des Konsultationspapiers eingehen. Hierin werden dann auch die Transitionspläne detailliert behandelt.   

Wir informieren Sie über weitere Details, sobald die finalen Texte veröffentlicht wurden. Gerne diskutieren wir mit Ihnen auch in der Zwischenzeit schon die bereits klar absehbaren Änderungen und die individuellen Auswirkungen auf Ihr Haus. RFC Professionals und plenum unterstützen bereits viele Institute im Rahmen von Auswirkungsstudien, GAP-Analysen und Umsetzungsaktivitäten zu regulatorischen Anforderungen. Profitieren auch Sie von unserer Fachexpertise, unserem umfassenden Marktüberblick sowie Benchmark Know-How.

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