Versicherer verabschieden Nachhaltigkeitsziele

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GDV, BaFin und das Versicherungsforum Leipzig beschäftigen sich mit der Nachhaltigkeit

In einem aktuell veröffentlichten Positionspapier verabschiedet der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) die Verpflichtung der Assekuranz zum nachhaltigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

So sollen Bürogebäude und Infrastrukturen der deutschen Versicherer bis zum Jahresende 2025 klimaneutral betrieben werden, die ca. 1.700 Millarden € Kundenvermögen sollen spätestens 25 Jahre danach, also bis 2050, vollständig klimaneutral in Kapitalanlagen angelegt werden. Früher wird dies aufgrund der, in der Versicherungswirtschaft vorliegenden, sehr langfristigen Anlagehorizonte nicht möglich sein. In erster Linie werden hier in Zukunft Anlagen verfolgt, die eine Treibhausgasneutralität anstreben. Dafür sind viele Versicherer bereits freiwilligen Initiativen, wie beispielsweise der „Principles for Responsible Investment“ (PRI) oder der „Net Zero Asset Owner Alliance“, beigetreten und möchten diese auch zukünftig vorantreiben. Dennoch ist das Thema Umweltrisiken und Kapitalanlagen nicht neu für die Versicherer: So besitzen Versicherer eine langjährige Erfahrung in Bezug auf NatCat-Risiken und können diese auch auf die Analyse des Klimawandels übertragen und dementsprechend agieren welche Summe wohin investiert wird.

Ziel ist es keine gewerblichen bzw. industriellen Risiken mehr zu versichern, die den Wandlungsprozess zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft gefährden. Das Pariser Klimaschutzabkommen sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die deutschen Versicherer unterstützen dieses Ziel.

Nachhaltige Versicherungsprodukte werden ausgebaut. Dazu gehören etwa Versicherungen, die Sharing-Konzepte unterstützen oder verstärkt auf die Reparatur eines defekten Gegenstands setzen anstelle eines Austauschs. Angesichts des Klimawandels besteht darüber hinaus die Möglichkeit neue Risiken zu versichern. Zum Beispiel die Anlagen der erneuerbaren Energie und andere umweltschonende Technologien sowie das Angebot von Klimaversicherungen. Weiterhin sollte angestrebt werden bis 2025 Nachhaltigkeitsaspekte auch in die Zeichnungspolitik zu integrieren. Dafür müssen Versicherer dem „Prinzip der risikogerechten Prämienkalkulation“ folgen. Nachhaltigkeit wird somit bei der Gestaltung von neuen Versicherungsprodukten, aber auch bei der Schadenregulierung eine immense Rolle spielen.

Das Thema Nachhaltigkeit spiegelt sich in Zukunft in den Governancestrukturen wider. Das vorhandene Risikomanagement muss hierzu optimiert werden, wobei vorhandene Nachhaltigkeitsdaten zur Risikosteuerung genutzt werden. Hier ist das Ziel, Geschäftsprozesse ebenfalls bis zum Jahr 2025 klimaneutral auszuführen, z.B. durch Erhöhung der Energieeffizienz und/oder Reduzierung der CO2-Emissionen. Nachhaltigkeitsstrategien müssen hierzu seitens der Assekuranz definiert und fixiert werden. Auch in diesem Kontext unterstreicht der GDV den Beitritt freiwilliger Initiativen, wie den „Principles for Sustainable Insurance“ (PSI), die Ansatzpunkte geben, um ESG-Aspekte in das Risikomanagement bzw. das Underwriting zu integrieren.

Ebenfalls hat sich das Aufsichtsorgan der deutschen Versicherer, die BaFin, mit dem Thema in einem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken für die Versicherer beschäftigt. Nachhaltigkeitsrisken im Sinne des Merkblatts sind „Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (auch bekannt unter „ESG“: Environment, Social, Governance Risiken), deren Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ sowie explizit erwähnt – auf die Reputation – eines beaufsichtigten Unternehmens haben können.

Mit dem Merkblatt, dass eine sinnvolle Ergänzung zu den MaRisk-VA ist, möchte die BaFin eine Orientierung geben und führt zur Illustrierung zahlreiche Beispiele und Fragen an.

Zu diesen Beispielen zählt auch eine „Übersetzung“ in bekannte Risikoarten. So wird als Anregung für Kreditrisiko/Ausfallrisiko genannt, dass Risiken durch Kreditvergabe an, Investition in oder Versicherung von Unternehmen, deren „Geschäftsmodell aufgrund politischer Entscheidungen (etwa eine CO2 Bepreisung) zu ESG Themen wesentlich beeinträchtigt sein kann“, sehr hoch ist.

Bei Marktpreisrisiko wird beschrieben, dass eine „Änderung der Marktstimmung (etwa wegen Einpreisung erwarteter regulatorischer Maßnahmen) zu Abwertungen führt“, wenn in Gesellschaften investiert wird, die belegbar weder nachhaltig wirtschaften noch Gelder zur Nachhaltigkeits-Transition nutzen.

Beispiel zum versicherungstechnischen Risiko: Schäden steigen durch Sturm, Überflutung und Hagel. Die Zunahme solcher Ereignisse durch Industrialisierung muss zu einem Umdenken des Portfolios führen bzw. im ersten Schritt mindestens in der Prämienkalkulation berücksichtigt werden.

Reputationsrisiken: Investitionen erfolgen in ostasiatische Produktionsstätten, die wegen fehlender Sicherheitsstandards vernichtet werden (etwa durch Brand). Der Fall geht unter Nennung der Investoren durch die Medien. Oder auch der Verkauf von nur vermeintlich nachhaltigen Finanzprodukten („Greenwashing“) an ESG bewusste Anleger kann ein Risiko darstellen.

Abschließend äußert sich die BaFin in dem Papier zu Fragen bei der Verwendung von Nachhaltigkeitsratings, die in die Gesamtbetrachtung des Risikomanagements der Versicherer mit einfließen können.

Die Regulatorik gilt als ein maßgeblicher Treiber, aber bei weitem ist sie nicht der einzige Grund, weshalb Versicherer zur Nachhaltigkeit streben. Neben der regulatorischen Agenda wurden 5 andere Treiber identifiziert (Umfrage des „Versicherungsforum Leipzig“ in Verbindung mit „Candriam“, eine Vermögensverwaltung mit 20-jähriger Erfahrung in ESG Risiken). Diese sind:

  • Performance: großer positiver Beitrag aus den Kapitalanlagen, die in der Vergangenheit in ESG Felder investiert wurden (Versicherer nutzen hier ihre eigenen Daten zur Schadensentwicklung/Ausfallrisiken),
  • Überzeugung: Mitarbeiter haben die Überzeugung, dass nachhaltiges Wirtschaften zur „Kultur“ des eigenen Unternehmens gehören muss,
  • Öffentlichkeitswahrnehmung: Präsenz in der Öffentlichkeit (bzw. auch, dass Nichtachtung zu negativen Berichterstattungen führt),
  • Wettbewerb: Wunsch am langfristigen Trend teilzunehmen oder dies als USP des eigenen Hauses auszubauen,
  • Geschäftsleitungsentscheidung: persönliche Überzeugung der Führung zum Thema Nachhaltigkeit.

Dennoch gewinnt der Fokus der Regulatorik zunehmend an Bedeutung. Versicherer müssen aber nicht warten, bis der Regulator weitere Vorgaben zum Thema macht.

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