EU-weiter Stresstest 2021

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Am 29. Januar 2021 hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die makroökonomischen Szenarien für den EU-weiten Stresstest veröffentlicht und damit die Übung offiziell gestartet. Betroffen sind 38 systemrelevante Institute, die gemeinsam 70 % der gesamten Aktiva des Bankensektors in der EU und Norwegen abdecken. Parallel dazu plant die EZB, einen eigenen Stresstest für weitere 53 Banken durchzuführen, die sie direkt unter dem SSM beaufsichtigt. Dieser Stresstest wird mit der Methodik der EBA konsistent sein und dieselben Szenarien anwenden, dabei aber das Proportionalitätsprinzip berücksichtigen, wie es die kleinere Größe und geringere Komplexität dieser Banken nahelegt.

Der Stresstest wurde aufgrund des Covid-19-Ausbruchs im vergangenen Jahr verschoben, damit sich die Banken auf das operative Geschäft konzentrieren konnten. Jetzt sollen die Ergebnisse einen besseren Einblick in den Zustand des europäischen Bankensektors liefern und werden bis Ende Juli 2021 veröffentlicht. Die EZB hat in ihrer Prioritätenplanung für 2021 angekündigt, dass der EU-weite Stresstest entscheidend beim aufsichtlichen Dialog zur Kapitalplanung sein wird. Die Ergebnisse beider Stresstests werden verwendet, um den jeweiligen Säule-2-Kapitalbedarf im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) zu bewerten.

Die Kernelemente der diesjährigen Übung weisen aufgrund der aktuellen spezifischen wirtschaftlichen Situation einige Änderungen auf:

    1. Szenarien

Ein Novum und vielleicht eine Herausforderung für die Szenario-Designer bildet das Ausgangsjahr 2020, das bereits einen tiefen wirtschaftlichen Schock mit negativen Wirtschaftsindikatoren darstellt. Für die folgenden drei Jahre des Projektionshorizonts (2021-2023) führt dies zu einem Basisszenario der wirtschaftlichen Erholung, welches auch aus den Wirtschaftsprognosen der nationalen Zentralbanken abgeleitet wird.

Bei der Kalibrierung des diesjährigen Adversen Szenarios wurden die Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofs berücksichtigt, wie z. B. die Erhöhung des allgemeinen Schweregrads und die Verringerung der länderübergreifenden Variation der Schocks.

Während die Narrative im Adversen Szenario denen früherer Übungen ähnlich ist, sind einige der Treiber und relativen Veränderungen neu. Covid-19-spezifische Faktoren haben bedeutende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität. Darüber hinaus wurden auch Klimarisiken und Stabilitätsrisiken aufgrund einer gestörten Finanzinfrastruktur berücksichtigt.

Während im Szenario das EU-BIP im Jahr 2020 um 6,9 % zurückgeht, führt die anhaltende Rezession zu einem kumulativen Rückgang von 3,6 % über den Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Jahren. Die Annahme, dass keine politischen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, führt zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Unternehmensinsolvenzen. Durch den Rückgang der Investitionen, des privaten Konsums und der Immobilienpreise wird die Profitabilität der Bankinstitute beeinträchtigt. Darüber hinaus erzeugen ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld und eine inverse risikofreie Kurve zusätzlichen Druck auf die Margen und die Bewertung von Vermögenswerten.

Ein zentraler Punkt des Adversen Szenarios ist die erhöhte Verschuldung des öffentlichen Sektors, die Unsicherheit auf den Märkten für Staatsanleihen und erhöhte Credit Spreads impliziert. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsindikatoren, bei denen die Ländervariabilität innerhalb der EU reduziert wurde, wurden drei Cluster für den Anstieg der Credit Spreads in Bezug auf den Grad der Unsicherheit über die Schuldentragfähigkeit (niedrig, mittel, hoch) mit einer hohen Variation von über100 BP angenommen. Dies hat mittelfristig durch eine ungünstige Rückkopplungsschleife zwischen Staat, Unternehmen und Finanzsektor große Auswirkungen auf die Kreditportfolien und Rentabilität der Banken. Die Identifizierung von Kreditrisiken und das Management der NPL werden daher entscheidend für die Widerstandsfähigkeit der Banken sein.

    1. Methodologie

Änderungen in der Methodologie betreffen vor allem die Kreditrisikomessung. Banken sollten die neue Ausfalldefinition gemäß Artikel 178 CRR verwenden, wenn sie diese 2019 eingeführt haben. Grundlegende Annahme ist, dass alle EBA-konformen Covid-19-Moratorien nicht mehr in Kraft sind. Dies hat Auswirkungen auf die Berechnung von Wertberichtigungen und REA und bedeutet, dass Ausgangsgrößen wie die Verteilung der Exposures auf die IFRS 9-Stufen angepasst werden müssen. Kredite im Rahmen des Public Guarantee Scheme (PGS) sind jedoch als Garantien für den gesamten Zeitraum zu projizieren.

    1. Templates

Es werden zwei zusätzliche Templates eingeführt: eins für die Teilportfolien von Forderungen, die Covid-19-bezogenen Moratorien und PGS unterliegen und eins für zusätzliche Daten zu den dem NPL-Kalender unterliegenden Engagements.

Ausblick

Durch den EU-weiten Stresstest soll eine gewisse Transparenz über die Resilienz der Banken geschaffen werden. Allerdings sind die Ergebnisse schwer für die regulären Aufsichtsmaßnahmen zur Stärkung der Kapitalausstattung im Rahmen von SREP verwertbar. Grund dafür sind die methodologischen Einschränkungen und Annahmen, sowie eine mangelnde Klarheit und Priorisierung der Ziele. Dem gegenüber stehen hohe Kosten und ein intensiver Ressourceneinsatz für die Durchführung der Übung.

Diese und andere Nachteile haben dazu geführt, dass die EBA einen Vorschlag für fundamentale Änderungen des Stresstest-Rahmenwerks gemacht hat. Ziel ist die Gewinnung realitätsnahe Ergebnisse sowie die Erhöhung der Flexibilität für die Banken bei der Modellierung ihrer Risiken. Die Ergebnisse aus der Diskussionsrunde mit verschiedenen Stakeholdern aus der Industrie sollten schon im Oktober 2020 veröffentlicht werden und die Anwendung der Änderungen frühestens ab 2022 erfolgen, jedoch scheint die Umsetzung aus heutiger Sicht zu kurzfristig.

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